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Das Märchen der Sternentänzerin

Dort draußen, weit hinter den uns bekannten Sternen, Monden und Sonnen. Dort, hinter dem endlosen Dunkel, dem weichen Glanz der Milchstraße und dem süßen Meer der sichtbaren Sternbilder. Nahe den freudig zu Boden fallenden Sternschnuppen, die sich nichts mehr wünschen, als Wünsche zu erfüllen, die dem Kosmos ein Seufzen entlocken. Dort, ja an diesem von hier aus nur mehr spürbaren Ort, lebte die Sternentänzerin.

Die Sternentänzerin wohnte in einem kleinen Haus, es war aus ihren Erinnerungen gewebt. Das Haus blieb in den kosmischen Winden beweglich und hielt jeder Hochzeit und jedem Zerfall der Zeitalter stand.

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Denn die Träume waren aus dem Stoff, der das Himmelszelt erhellen konnte. Jeder einzelne Traum hatte die Kraft, einen Stern zum Leuchten zu bringen. Die Sternentänzerin wusste: Würden die Menschen aufhören zu träumen, bliebe auch der Himmel dunkel. Träume hatten die Kraft Unglück in Glück zu wandeln, Einsamkeit in Gemeinschaft und Angst in Liebe.

Eines frühen Morgens hatte die Sternentänzerin selbst einen Traum. Sie war in ihrem Schaukelstuhl eingeschlafen, nachdem ihre Arbeit getan war. Das Licht der Sterne erlosch langsam in der Wärme der Sonne. Im Traum sah sie sich selbst bei der Arbeit, sie sah die Zeitalter vergehen, sie sah sich selbst weinend zu den hellen Sternen blickend. Tränen loschen das Licht der Sterne. Es war ein einsames, verzweifeltes Weinen. Als sie aufwachte, wusste die Sternentänzerin, was sie zu tun hatte.

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Sie nähte sich ein neues Kleid. Dieses Kleid war anders als die vielen schönen Kleider, die sie besaß. Denn jeder Nacht gehörte ein anderes Kleid. Während sie nähte, spürte sie ganz deutlich, dass der Stoff, den sie in ihren Händen hielt, aus einem neuen Traum gemacht war. Der Stoff warf Falten. Nicht jene unordentlichen Falten, die niemand mag. Sondern wunderschöne Falten, solche die Geschichten murmeln und Lieder summen. Das Kleid hatte oben am Ausschnitt zarte Rüschen, Bänder und ein silbernes Monogramm. Es fiel in kleine, behutsam schwingende Falten. In diese Falten legte die Sternentänzerin jene Sehnsucht hinein, die sie im Traum besucht hatte. Sie sehnte sich nach Gemeinschaft. Sie sehnte sich danach, dieses große Werk, dieses unüberschaubare Himmelszelt gemeinsam mit anderen zu erhellen. Sie sehnte sich nach anderen Sternentänzerinnen. Sie wünschte sich ein gemeinsames Lachen bei allzu verrückten Träumen, einen Blick in die Augen bei schwierigen Träumen, eine Hand, die sie bei ihren eigenen Träumen beruhigte.

Sie legte ihren Wunsch entschlossen in die Falten, schloss die Falten und zog das Kleid an. Auf geheimnisvolle Weise verbreitete sich die Kunde um ihre Sehnsucht bis in die verborgensten Winkel des Universums. Sie erreichte Wesen, die an die Kraft des Gemeinsamen glaubten. Mit der Zeit fanden sich viele Sternentänzerinnen im Haus der Sehnsüchtigen ein. Es waren Wesen, die an die Kraft der Träume glaubten. Wesen, die jeder Idee Beachtung schenkten. Wesen, die nichts für unmöglich hielten. Es waren kosmische, einzigartige Tänzerinnen, die an die Magie des Gemeinsamen glaubten. Es waren Geschöpfe, die die Einzigartigkeit jedes Traums erkannten.

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Von nun an war das Himmelszelt bei Nacht von einem neuen Strahlen erleuchtet. Es glitzerte vom Anfang bis zum unendlichen Ende des Universums als gemeinsames, leuchtendes Werk der Sternentänzerinnen.

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